Was ist Capoeira

Geschichte und Ursprung

Capoeira ist eine afro-brasilianische Kampfkunst, deren Wurzel bis in das 16. Jahrhundert zurück verfolgbar ist. Man sagt, dass versklavte Afrikaner Rituale und Kampftechniken ihrer Heimat nutzten, um sich ihre Freiheit zu erstreiten. Sie nannten ihre Art zu kämpfen Capoeira.  Sich selbst nannten Sie Capoeiras (Singular) oder Capoeiristas (Plural). Aus dieser Zeit gibt es nur dürftige schriftliche Quellen, daher ist der tatsächliche Ursprung von Capoeira bis heute ungeklärt. Das Wort „Capoeira“ ist ein zusammengesetztes Wort aus der indigenen Sprache der Tupi und bedeutet Caà(Wald) und puera(was einmal war, nicht mehr existiert bzw. erloschen ist). Das Wort „Capoeira“ bezeichnet also, grob übersetzt, eine gerodete Waldfläche.
Ursprünglich galt das Wort Capoeira oder Capoeiragem(für das Ausüben von Capoeira) als eine Bezeichnung für jegliche Art von Kampf oder Auseinandersetzung, sei es bewaffneter Widerstand gegen den Staat (durch entflohene oder freigelassene Sklaven), eine Schlägerei unter einzelnen Personen oder Gruppen (oft auch in Zusammenhang mit Straßenbanden) oder der Wettkampf zweier Rivalen aus sportlichen Gründen.

Seit 1500 war Brasilien eine Portugiesiche Kolonie und die Ausbeutung der indigene Bevölkerunge hatte Ihren Höhepunkt zu 1540 erreicht. Um das Jahr 1570 begannen die Portugiesen mit der Verschleppung von Tausenden Afrikaner um in Brasilien auf der ertragreichen Tabak und Zuckerrohrplantagen zu schuften.

Legenden des Ursprungs – 1500 bis 1800

Der Entstehungsmythos von Capoeira geht auf den, um ca. 1655 in Freiheit geborenen, Afrikaner Zumbi dos Palmares zurück.
Palmares (afrikanischer Name vermutlich Angola Janga “klein-Angola”) war ein Quilombo. Eine 1600 gegründete Siedlung entflohener oder freigelassener afrikanischer und indigener Sklaven im Bundesstaat Alagoas und Geburtsort von Zumbi.
Laut Legende konnte Palmares unter der Führung von Zumbi und durch den Einsatz von Capoeira 20 Angriffe der Plantagenbesitzer abwehren, bis Sie schließlich 1694 engültig zerstört wurde. Zumbi konnte fliehen, wurde aber verraten und 1695 hingerichtet.

Was wir aus Schriftquellen wissen – 1800 bis 1930

In den frühen 1800 Jahren wurde Capoeira, in der Regel, auf öffentlichen Plätzen und zusammen mit anderen Traditionen, wie z.b. dem Samba und auch den mitgebrachten afrikanischen Religionen und Riten ausgeübt.
Die versklavten Afrikaner trafen sich Sonntags, wenn die “Herren” in der Kirche waren. Also in der wenigen Freizeit die Sie hatten.
Zu Anfangs war dies besonderst in den Städten Rio de Janeiro, Recife und Salvador de Bahia zu sehen. Die 3 größten Hafenstädte Brasiliens waren das Tor zu Südamerika und Ankunftsort vieler Afrikaner.

John Robertson, der 1809 Brasilien bereiste beschrieb dies ungefähr so:

“Gruppen von Sklaven trafen sich auf den Plätzen und tanzten in nach Nationen/Stämmen seperierten Kreisen von ca. 300 bis 400 Personen. Es gab Personen aus Mozambique und Quilumana, Cabinda und Luanda, Benguela und Angola.”

Auch der deutsche Maler Johann Moritz Rugendas, der Brasilien in den 1820er bereiste berichtete von solchen Feiern und Versammlungen, die regelmäßig nach dem Arbeitstag stattfanden. Er beschrieb, wie bei den Tänzen Lundu, Fandango und Capoeira der “König des Kongos” ausgerufen wurde. Er beschreibt Capoeira als agressiven Kriegstanz, bei dem die Sklaven häufig verletzt oder sogar getötet wurden.
Die Verletzten und damit der Ausfall an Arbeitern verärgerte die Plantagenbesitzer dermaßen, das Sie beschlossen, das Ausüben von Capoeira mit Stockschlägen oder Peitschenhieben zu bestrafen.

Im Laufe der 1800-erter Jahre, besonderst nach 1850 wurden immer mehr Sklaven freigelassen. 1871-1888 wurde die Sklaverei in Brasilien endgültig verboten.
Vor den 1850 verschob sich, zusammen mit den freigelassenen Afrikanern, die Capoeira auf die Strassen der großen Städte.
Durch Mangel an Arbeit und immer noch schlummernden Ressentiments gegenüber den afrikanischen Brasilianern entstand ein Milieu aus Revierstreitigkeiten, Verbrechen und letztendlich Gewalt.
Zu dieser Zeit entstanden die “Maltas”. Strassenbanden und/oder Bürgerwehren, die vor allem in Rio de Janeiro aktiv waren.
Die zwei größten Maltas in Rio de Janeiro waren die Guyamas und die Nagoas (Wörter, die jedem Capoeiras ein Begriff sind).
Die Maltas bekämpften sich und auch die Obrigkeit mit kleineren Sticheleien und Schlägereien.

Im Jahre 1864 brach der Tripel-Allianz-Krieg (Paraguay-Krieg),mit Brasilien, Argentien und Uruguay auf der einen Seiten und Paraguay auf der anderen Seite aus. Dieser Krieg gilt als der blutigste Krieg in der Südamreikanischen Geschichte.
Da zu dieser Zeit (in den Augen der brasilianischen Obrigkeit) die Maltas und ganz besondert die Capoeristas zu einer ernsthaften Bedrohung für den öffentlichen Frieden gewachsen war, beschloss der Staat, jeden ertappten Capoeiras per Zwangsrekrutierung als Kanonenfutter an die gefährlichsten Frontabschnitte zu schicken.
Viele Überlebten dies nicht.

Die Rückkehrer waren häufig traumatisiert von dem Erlebten und neigten zu excessiver Gewalt.
Dies lies die alten Konfilkte der Maltas gegeneinander und gegen den Staat eskalieren. Teilweise mit mehrtägigen blutigen Strassenschlachten.
Daraufhin wurde das Capoeiragem verboten. Viele der Capoeristas wurde auf die Gefängnisinsel “Fernando de Noronha” verbannt.
In dieser Zeit erinnerten sich die Capoeiristas wieder an Ihre Ursprünge in einer urbanen Untergrundbewgung und übten Capoeira wieder versteckt und in Tänzen uns Spielen getarnt aus. Dies ist auch heute noch in dem Aspekt der “Malicia” spürbar und vermutlich einer der Hauptgründe, weswegen Capoeira als Kampf”tanz” gilt.
Manoel Henrique Pereira aus Santo Amaro/Bahia, bekannt als Besouro Manganga arbeitete als Tagelöhner und setzte sich gegen die Unterdrückung durch Plantagenbesitzer und Polizei ein. Er wurde um das Jahr 1924 erstochen. Konnte davor aber sein Capoeira an seine Schüler weitergeben.

Das moderne Capoeira – 1930 bis Heute

Getulio Vargas kam in den 1930-ern erst als Diktator, später dann als gewählter Präsident in Brasilien an die Macht. Er legalisierte 1937 Capoeira als “den einzig wahren brasilianischen“ Sport, den er als Nationalsport und als Aushängeschild Brasiliens etablieren wollte.

Zu den ersten legalen Capoeira-Schulen gehörten die Academias von Mestre Bimba (Manuel dos Reis Machado) aus Salvador da Bahia und Mestre Pastinha (Vincent Ferreira) ebenfalls aus Salvador da Bahia. Diese beiden, heute als legendär geltenden, Mestres formten jeweils die beiden großen Capoeira-Stile, wie Sie heute noch gelehrt und praktiziert werden. Mestre Bimba nannte seinen Stil Luta da Regional de Bahia. Kurz Capeoira Regional. Mestre Pastinha nannte seinen Stil Capoeira Angola. Zu Ehren seines Meisters “Benedito”. Andere Capoeira Meister (Mestre Canjiquinha, Mestre Waldemar, Mestre Mario Buscape) bzw. Gruppen folgten und eröffneten Schulen in zunächst Bahia, später in ganz Brasilien.
Durch das öffnen Brasiliens für die Weltwirtschaft und die schnell voranschreitende Globalisierung reiste Capoeira im Handgepäck vieler Brasilianer um die Welt.

Heute ist Capoeira in vielen Ländern der Welt verbreitet. Es wird als Freizeitvergnügen, Sportlicher Wettkampf, Kunst und Kultur aber auch als Selbstverteidugung gelernt und gespielt.
Das Freiheitstreben Unterdrückter hat sich zu einem inkludierenden Sport emanzipiert, das Seine Wurzel nie vergessen hat.

2014 wurde Capoeira in die UNESCO Liste der immateriellen Erben der Weltkulturen aufgenommen.